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Eine digitale Tour zum Mauerbau
Der Mauerbau war ein Medienereignis und ist durch Tausende von zeitgenössischen Fotografien dokumentiert. Prägend für unser Bild vom Mauerbau sind diejenigen Fotografien geworden, die für die Veröffentlichung bestimmt waren. Dazu gehören sowohl die Fotos, welche für die staatliche Berichterstattung und Propaganda in der DDR entstanden, als auch die Pressefotografien im Westen. Einige dieser Aufnahmen wie der über den Stacheldraht springende Volkspolizist oder die bewaffneten Kampfgruppen vor dem Brandenburger Tor sind Bildikonen geworden.
In dieser digitalen Tour präsentieren wir ganz andere Motive und Stimmungen. Es handelt sich überwiegend um private Aufnahmen vom Mauerbau, die bislang unveröffentlicht sind. Diese Amateuraufnahmen zeigen oftmals einen größeren Bildausschnitt und lassen den stadträumlichen Kontext erkennen. Es sind Momentaufnahmen vom Mauerbau, die nicht für die Veröffentlichung gedacht waren. Gerade deshalb lassen sie oft viele unbekannte Details und ungewohnte Perspektiven erkennbar werden.
Vor allem verdeutlichen diese im Vergleich zu den dramatischen Pressefotografien eher banaler anmutenden Aufnahmen, dass der Ausgang der Ereignisse für die Betroffenen noch offen war. Auffällig ist, wie neugierig und ruhig viele Berlinerinnen und Berliner die Straßensperren und später den Aufbau der Zäune und Mauern verfolgten. Der Mauerbau wirkt in diesen Bildern eher unspektakulär, weil für die Menschen damals die Bedeutung der kompletten Grenzschließung noch nicht absehbar war.
Station 1
Die Tour beginnt an der Eberswalder Straße/Bernauer Straße.
Eberswalder Straße
Der Mauerbau am 13. August 1961 beginnt mit dem Ausrollen von Stacheldraht. Damit werden die Straßenverbindungen von Ost nach West gesperrt. Entlang der 44 Kilometer langen Sektorengrenze innerhalb Berlins riegeln bewaffnete Posten alle Wege zwischen den Stadthälften ab.
Station 2
Die nächste Station befindet sich auch in der Bernauer Straße auf Höhe der Ruppiner Straße.
Ruppiner Straße
Auch an der Ruppiner Straße wird mit Stacheldrahtrollen die Sektorengrenze blockiert. Die bewaffneten Posten halten die Menschen in Ost-Berlin gezielt auf Abstand. Bald setzen Kranwagen die ersten Mauerelemente auf die Straße und riegeln sie dauerhaft ab.
Ruppiner Straße
Von West-Berlin aus geht der Blick über den Stacheldraht, die Grenzpolizisten und die Freifläche hinweg zu den Wohnhäusern an der Rheinsberger Straße. Von diesen beobachtet ein Ost-Berliner Ehepaar den Mauerbau, wie die nächste Bilderserie zeigt.
Ruppiner Straße
Auf Ost-Berliner Seite ist das private Fotografieren der Mauer verboten. Von der Rückseite ihrer Wohnung in der Rheinsberger Straße blicken Gerenot und Ingeborg Richter auf die gestaltete Freifläche und die dahinter liegende Sektorengrenze an der Ruppiner Straße.
Station 3
Die nächste Station befindet weiter südlich in der Bernauer Straße auf Höhe der Bergstraße.
Bergstraße
Auch die Bergstraße wird am 13. August mit Stacheldraht abgesperrt. Die Rückseite des Sektorenschilds zeigt das Ende des „demokratischen Berlin“, also von Ost-Berlin an. Kurz darauf wird der Stacheldraht durch eine Mauer aus Gasbetonsteinen ersetzt.
Bergstraße
Das freistehende Wohnhaus am westlichen Ende der Bernauer Straße wird wenige Tage nach Beginn des Mauerbaus zwangsgeräumt. Damit will die DDR verhindern, dass die BewohnerInnen wie aus den anderen Häusern fliehen. Denn der Bürgersteig gehört schon zu West-Berlin.
Station 4
Die nächste Station liegt in der Liesenstraße.
Liesenstraße
Die alten Friedhöfe an der Liesenstraße werden vermauert, weil ihre nördliche Seite direkt an die Sektorengrenze stößt. Zunächst werden die Eingangsportale bis nach oben vermauert, später die gesamte Seite entlang der Liesenstraße aufgemauert.
Liesenstraße
Zu den Liesenbrücken hin steigt die alte Friedhofsmauer über das Niveau der Straße an. Auf die alte Stützmauer wird eine neue Sperrmauer gesetzt. Ein seltenes Foto von der Ostseite zeigt auf der Friedhofsseite den doppelten Stacheldrahtzaun als weiteres Hindernis.
Liesenstraße
Am westlichen Ende der Liesenstraße versammeln sich AnwohnerInnen aus West-Berlin, um am Kontrollpunkt Chausseestraße in den Ostteil der Stadt zu blicken und zu winken. Entlang der Boyenstraße zeigt sich die hastig errichtete Bauweise der frühen Mauer.
Station 5
Die nächste Station ist am Brandenburger Tor.
Brandenburger Tor
Am symbolträchtigen Brandenburger Tor will die DDR-Regierung gezielt Bilder für die Propaganda erzeugen. Dort nimmt eine Betriebskampfgruppe mit gepanzerten Fahrzeugen Aufstellung, um den Eindruck einer vom Volk getragenen Absperrungsmaßnahme zu schaffen.
Brandenburger Tor
Auf West-Berliner Seite blieben die Menschen an der im Bogen verlaufenden Sektorengrenze und beobachten die Abriegelung des Brandenburger Tors. Um Konflikte zu vermeiden, sperrt die West-Berliner Polizei schon bald die Straße des 17. Juni. Auch das sowjetische Ehrenmal auf der Nordseite der Allee wird damit geschützt. Nur von der Ferne können hier die Vorgänge von der Menge verfolgt werden.
Brandenburger Tor
Südlich des Brandenburger Tors wird die Ebertstraße aufgerissen, an der Ostseite wird schnell ein Maschendrahtzaun mit Betonpfosten errichtet. Gepanzerte Fahrzeuge dienen der Abschreckung und sichern die weitläufige Brache zwischen Tiergarten und Wilhelmstraße. Der Verlauf der innerstädtischen Grenze ist mit Ost-Berliner Sektorenschildern markiert.
Station 6
Die nächste Station befindet sich etwas weiter südlich in der Ebertstraße.
Ebertstraße
Auf der westlichen Seite der Ebertstraße zum Tiergarten versammelt sich eine große Menge von West-BerlinerInnen und verfolgt das Geschehen. Auf Ost-Berliner Seite nähern sich die Menschen bis an den neuen Zaun. Spontan kommt es zu einer größeren Fluchtaktion.
Station 7
Die nächste Station befindet sich am Potsdamer Platz.
Potsdamer Platz
Am Potsdamer Platz verläuft die Sektorengrenze quer über die kriegszerstörte Brache. Zunächst werden die Eingänge zur S-Bahn mit Stacheldraht gesperrt, dann ein Stacheldrahtzaun mit Betonpfosten aufgestellt. Von Westen kommen die Menschen bis an den Stacheldraht heran.
Potsdamer Platz
Das unbebaute Lenné-Dreieck zwischen Potsdamer Platzes und dem Tiergarten gehört zu Ost-Berlin und ragt wie ein Dreieck in den Westen hinein. Das Gebiet wird durch einen Stacheldrahtzaun eingezäunt, später jedoch verläuft die Mauer gerade vom Brandenburger Tor zum Potsdamer Platz. Das Lenné-Dreieck bleibt eingezäunt und gehört bis 1988 zu Ost-Berlin, liegt jedoch außerhalb des Grenzstreifens.
Potsdamer Platz
Der Stacheldrahtzaun wird schnell durch eine Betonmauer ersetzt, die den Potsdamer Platz zerteilt. Der Stacheldraht vor dem S-Bahn-Eingang bleibt liegen, der unterirdische Bahnhof ist zu einem Geisterbahnhof geworden. Die britischen Besatzungssoldaten patrouillieren entlang der Mauer und beobachten den Ausbau der Grenzanlagen.
Station 8
Die nächste Station ist am Checkpoint Charlie - an der Friedrichstaße/Zimmerstraße.
Checkpoint Charlie
Am Checkpoint Charlie, der im amerikanischen Sektor liegt, fahren beim Mauerbau amerikanische Panzer auf. Die Besatzungsrechte der Westalliierten dürfen durch den Mauerbau nicht beeinträchtigt werden, sonst droht ein Krieg.
Station 9
Die nächste Station befindet sich weiter östlich an der Zimmerstraße/Markgrafenstraße.
Markgrafenstraße
Entlang der Zimmerstraße fahren US-Panzer auf, während West-Berliner Kinder das Geschehen von den Trümmerbergen verfolgen. Im Verlauf der nächsten Tage wird die erste Mauer aus Betonelementen errichtet, auf der Zimmerstraße patrouillieren die DDR-Grenzpolizisten.
Markgrafenstraße
Anfangs können die Menschen über die noch relativ niedrige Mauer Kontakt aufnehmen. Doch bald wird die Grenzmauer hier durch weitere Betonschichten und Stacheldrahtaufsätze erhöht.
Station 10
Die nächste Station befindet sich an der Stallschreiberstraße und Alexandrinenstraße.
Alexandrinenstraße
An der Ecke Stallschreiberstraße reihen sich die frischen Betonpfosten, an denen Grenzpolizisten den Stacheldraht befestigen. Auf West-Berliner Seite versammeln sich Schaulustige in ihrer guten Sonntagskleidung zwischen dem amerikanischen und dem DDR-Sektorenschild.
Alexandrinenstraße
Vor ihrem Haus sehen die BewohnerInnen der Otto-Suhr-Siedlung den Bau der Grenzmauer, die innerhalb kürzester Zeit ein paar Meter vor dem ersten Stacheldrahtzaun errichtet wird. Bauarbeiter mit Kranwagen erhöhen und verstärken die Betonmauer unter der Aufsicht von Grenzsoldaten.
Alexandrinenstraße
Die Mauer steht, aber die Bewachung der Absperrung obliegt den Grenzpolizisten. Sie laufen beständig Streife auf dem Gelände, um Fluchtversuche zu verhindern. Trotz der zunehmenden Schwierigkeiten wollen sich noch viele Fluchtwillige ihren Weg in den Westen verschaffen.
Alexandrinenstraße
Unmittelbar nach dem Mauerbau zeigt die US-Armee militärische Präsenz, um ein Übergreifen über die Sektorengrenze zu verhindern und die West-Berliner Bevölkerung zu beruhigen. Die US-Soldaten treten freundlich mit den AnwohnerInnen des Viertels in Kontakt.
Station 11
Die nächste Station ist an der Sebastianstraße.
Sebastianstraße
Zum Zeitpunkt des Mauerbaus wohnt die Familie Ohlendorf direkt an der Grenze in der Sebastianstraße 84. Das Haus gehörte zu West-Berlin, doch die Straße einschließlich des Bürgersteigs vor dem Haus gehört schon zu Ost-Berlin. Die Familie fotografiert den Aufbau der Mauer.
Sebastianstraße
Bald darauf müssen die West-Berliner AnwohnerInnen ihre Wohnhäuser über die Hinterhöfe betreten, der Bürgersteig wird gesperrt. Nach wenigen Tagen dürfen sie aber wieder den Bürgersteig nutzen. Ein DDR-Warnschild weist später auf die absurde Situation hin.
Sebastianstraße
West-Berliner Polizei am Alfred-Döblin-Platz und US-Soldaten an der Prinzenstraße beobachten die Erhöhung der Mauer und die Absicherung der Sektorengrenze. Sie greifen jedoch nicht ein und halten die West-Berliner Bevölkerung von Protesten und Provokationen ab.
Station 12
Die letzte Station befindet sich am Bethaniendamm.
Bethaniendamm
Am 13. August trennt nur die Stacheldrahtabsperrung an den provisorisch in den Boden gerammten Metallpfosten den Grenzsoldaten im Bezirk Mitte von den Menschen auf der West-Berliner Seite im Bezirk Kreuzberg. Noch wissen sie nicht, ob die Sperrung dauerhaft ist oder nicht.
Bethaniendamm
Wenige Wochen später trennt die Mauer dauerhaft die beiden Stadthälften. Die Sektorenschilder, welche den Übergang in die jeweils andere Besatzungszone markieren, haben ihre Funktion verloren. Mit Hilfe von Leitern versuchen die Menschen durch Winken in Kontakt zu bleiben.