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Im Visier der Stasi

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Richten Sie nun den Blick über die Kreuzung auf das gelbe Gebäude schräg gegenüber. Erkennen Sie den Balkon, der auch auf dem Foto im Guide zu sehen ist? Es ist der Balkon ganz oben links. Er gehörte zu einer „konspirativen“ Wohnung, angemietet vom Staatssicherheitsdienst der DDR, kurz Stasi genannt. Die Kameralinse nimmt exakt die Stelle in den Blick, wo Sie jetzt stehen.

Aus Sicht der Stasi war das Notaufnahmelager eine Gefahr für die innere Sicherheit der DDR. Als „Feindobjekt“ stand es deshalb unter ständiger Beobachtung. Im Visier waren sowohl die Menschen, die sich hier als Flüchtlinge meldeten, als auch die Mitarbeiter*innen.

Im Lager wusste man von der Beobachtung. Schauen Sie doch noch einmal zur Museumsfassade zurück, zum Laubengang, von dem Sie eben schon gehört haben. Kommt Ihnen vielleicht etwas komisch vor? Die Fenster liegen so hoch, dass man gar nicht hinausschauen kann. Aber auch nicht hinein. So sollten die Menschen in den dahinterliegenden Warteräumen vor Blicken von außen geschützt werden.

Ein anderes sichtbares Zeugnis der Sicherheitsmaßnahmen rund um den Lagerbetrieb ist der Zaun, der die gesamte Anlage umgibt. Sie können ihn von hieraus sehen, an der ersten Station standen Sie direkt davor. Das Notaufnahmelager war nicht frei zugänglich, Pförtner überwachten den Haupteingang Tag und Nacht. Verantwortlich für die Sicherheitsmaßnahmen waren die Westalliierten: die USA, Großbritannien und Frankreich. Als Siegermächte des Zweiten Weltkriegs übten sie in West-Berlin Hoheitsrechte aus. Noch 1971 forderte ein Colonel aus dem Büro des U.S.-Kommandanten die Lagerleitung auf, den Zaun um mindestens einen halben Meter zu erhöhen und nachts besser zu beleuchten.

Noch heute markiert der Zaun die Grenze zwischen dem Wohnheim und seiner Umgebung. Auch lange nach der deutschen Einheit ist hier – so wie ursprünglich geplant - keine offene Siedlung für eigenständiges Wohnen entstanden.

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