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Flüchtlingslager oder Wohnsiedlung?

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Sehen Sie die steinerne Tafel an der Hausfassade? Und erkennen Sie das Datum, das dort geschrieben steht? Auf dem historischen Foto im Guide können Sie es vielleicht besser lesen: Es ist der 30. Juni 1952. An diesem Tag wurde der Grundstein für das Bundesnotaufnahmelager Marienfelde gelegt. Der Mann, der auf dem Foto die Grundsteinurkunde in das Mauerwerk legt, ist der damalige Berliner Senator für Sozialwesen Otto Bach.

Die Urkunde – die sich noch heute an genau dieser Stelle befindet - benennt Sinn und Zweck des Bauvorhabens: Die Anlage solle „erster Sammelpunkt und Flüchtlingslager“ für all jene Menschen aus der DDR sein, die „aus politischen Gründen an Freiheit, Leib und Leben bedroht“ seien.

Gebaut wurde das Notaufnahmelager in Form einer Wohnsiedlung. Das war für die Anforderungen des Lagerbetriebs nicht immer praktisch. Der Entscheidung lagen aber ganz pragmatische Überlegungen zugrunde: Man erwartete, dass die deutsche Einheit und damit das Ende der Fluchtbewegung nah seien. So wurde eine Umnutzung der Flüchtlingsunterkünfte in Mietwohnungen schon bei der Planung mitgedacht.

Die Unterkünfte sollten – sobald sie nicht mehr als erste Zuflucht und Aufnahmestelle gebraucht werden – als Mietwohnungen knapp 300 Familien ein dauerhaftes Zuhause bieten.

Wer genau hinschaut, entdeckt immer wieder Spuren, die auf diese Mischung aus Aufnahmelager und Wohnsiedlung verweisen. Zum Beispiel der geschlossene Laubengang zu Ihrer Linken. Der Laubengang, das ist der weiße Vorbau an der Fassade des Museums. Dahinter verbergen sich noch heute die Schaufenster von drei der insgesamt sieben Ladengeschäfte, die entlang des Vorplatzes angelegt worden waren. Für die Dauer des Lagerbetriebs wurden die Ladenflächen als Warte- und Verwaltungsräume genutzt. Bei der geplanten Umwandlung in eine Wohnsiedlung wäre der Gang geöffnet und eine Ladenzeile eingerichtet worden. Das ist aber nie geschehen. Heute befinden sich dort Ausstellungsräume des Museums.

 

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